Burgen- und Geschichtsverein Tharandt e.V.
Burg |
Die Burg
"Die Burg ist gantzlichen eingegangen." In der Unterburg auf den Resten des Wohnturmes des Burgvogtes errichtete man die Kirche, die 1631 geweiht wurde. Das Erdgeschoss des Palas war mit Kreuzgewölben versehen, das Obergeschoss mit Holzbalkendecken abgedeckt. Ursprünglich trug der Bau auf vermutlich nach innen geneigtem Pultdach Mönch-und-Nonne-Dachpfannen. In der Spätgotik erhielt der Palas ein Walmdach mit Schieferbedeckung. An der Westseite des Palas ließ die Herzogin 1476 eine Einfahrt, die heute zugemauert ist, anlegen, um mit der Kutsche in den Burghof fahren zu können. Bis dahin mussten die Pferde in der Unterburg eingestallt werden. Die Oberburg war über einen Halsgraben mit Zugbrücke nur für Reiter oder zu Fuß erreichbar.
Die Behauptung, die noch stehenden Reste der Burg seien ein Werk Arnolds von Westfalen, muss ins Reich der Legende verwiesen werden. Es sind aus dieser Zeit keinerlei Belege über größere Bauarbeiten vorhanden, geschweige denn von einem Neubau; nur Ausbesserungsarbeiten sind sorgfältig verzeichnet. Bergfried und Zisterne sind noch nicht ergraben.
Die südliche Begrenzung des Burghofes bildete das Küchengebäude, die nördliche nur die Ringmauer; die 1715 durch Erdrutsch den Hang hinabstürzte. Sie wurde 1939 durch eine neue Stützmauer ersetzt. Eine starke Schildmauer von 2,40 m trennte die Oberburg von der Unterburg. Ein breiter Halsgraben verstärkte die Befestigung.
Die Unterburg enthielt den Burggrafenturm (heute Kirche), die Stallungen für 33 Pferde, den Kornboden und das Brauhaus. Ein schmaler Hofgang führte innerhalb der Ringmauer zur Oberburg. Anhand der seit 1976 im Bereich der Oberburg auf wissenschaftlicher Basis durchgeführten, auch zwischenzeitlich einmal unterbrochenen Grabungen und Freilegungen konnten wertvolle Aufschlüsse über die Baugeschichte gewonnen werden. Abschließende Aussagen werden erst nach völliger Freilegung der Bausubstanz möglich sein, da zum Beispiel die Lage des Bergfrieds, der Zisterne und des Eingangsbereiches noch untersucht werden müssen.
Die noch stehenden drei Seiten des einstigen Palas sind im 19. Jahrhundert durch zahlreiche unsachgemäße Restaurierungen kunst- und baugeschichtlich entwertet worden. Anhand dieser Substanz können demnach keine Aussagen zur Baugeschichte gemacht werden. Bei den Untersuchungen und Freilegungen konnten Teile der ersten kleineren Anlage festgestellt werden, die 1224 durch Landgraf Ludwig den Heiligen beim Sturm auf die Burg zerstört worden waren.
Unter der Regierung Markgraf Heinrichs des Erlauchten (1232-1288) erfolgte ein Neubau der Burg. Reste davon künstlerischer Art - sehen wir noch im Portal an der Kirche. Diese romanische um 1250 entstandene Pforte ist sekundär beim Kirchenbau (1626-1629) nach hier versetzt worden. Das beweist nachdrücklich die falsche Zusammensetzung der Bauteile. Auch der Unterbau des Palas mit dem bereits freigelegten Tonnengewölbe und die zu ihm vom Burghof aus hinunterführende Treppe (analog dem des Vorgängerbaus der Albrechtsburg in Meißen) stammen noch aus dieser Zeit. Ebenso gehört der Südturm mit der Kapelle und dem darunter liegenden kleinen Gewölbe dazu. Es sind keine Baunähte vorhanden. Der Aufbau ist einheitlich erfolgt. Der Palas war früher mit Biforien (gekoppelte Rundbogenfenster mit Säule in der Mitte) und mit unregelmäßig an der Außenfront verteilten Abort-Erkern ausgestattet. Reste der Konsolen sind noch sichtbar. Den Palas trennte ein Halsgraben von etwa 6 m Tiefe und 30 m Breite vom westlich gelegenen Kienberg. Die Stärke der Mauern des Palas beträgt 2,10 m. Die Front zum Halsgraben war im Obergeschoss mit einem hölzernen Wehrgang versehen, der auf alten Stichen noch gezeigt wird.
Nach dem Verfall und wiederholtem Abriss von Teilen der Burg waren Trümmer über 200 Jahre liegen geblieben, ohne dass sich jemand darum kümmerte. Im Jahre 1787, als Friedrich Schiller in Tharandt weilte, beklagte er sich über das auf diesem Gelände herrschende furchtbare Durcheinander. Erst am Ende des 18. Jahrhunderts, als man im Zeichen der Romantik diesem alten Burggemäuer wieder mehr Aufmerksamkeit schenkte, wurde das Plateau beräumt, noch vorhandene Räume verfüllt, das Terrain des Burgberges zur gefahrlosen Begehung für die Besucher hergerichtet.
Im Jahr 1793 war in Tharandt ein Mineralbad eröffnet worden, so dass nun neben den Waldspaziergängern noch zusätzlich Kurgäste nach hier gelockt wurden. Es gehörte damals zum guten Ton, die Ruinen der Burg zu besuchen. Unter den Besuchern war auch am 3. September 1800 Heinrich von Kleist. Er schreibt zwar: "Es war ein unglückseliger Einfall, die herabgefallenen Steine wegzuschaffen und den Pfad dahin zu bahnen. Dadurch hat das Ganze aufgehört eine Antiquität zu sein." Doch dann schwärmt er: "Welch eine Fülle von Schönheit! .... Da schäumt die Weißeritz heran, durch schroffe Felsen, die Tannen und Birken tragen. ... Dicht unter der Ruine bildet sie selbst ein natürliches Bassin und wirft das verkehrte Bild der Gegend malerisch schön zurück."
Es kamen noch weitere bekannte Menschen dieser Zeit wie Karl Friedrich Schinkel (1803), Johann Wolfgang Goethe (1813), Franz Grillparzer (1826), Alexander von Humboldt (1830) nach Tharandt. Vor allem aber wurden vom sächsischen Königshaus viele ihnen verbundene Potentaten ins Mineralbad und zugleich auch auf die Ruinen der Burg geführt. Die Persönlichkeit Heinrich Cottas, des Begründers der Tharandter Forstakademie, bewirkte ein weiteres Anwachsen der Zahl der Prominenten, die Tharandt und dem Burgberg-Gelände ihre Reverenz erwiesen. So braucht man sich nicht zu wundern, dass das Bestreben, aus den tristen mittelalterlichen Mauern ein attraktives, von jedem ansehenswertes Bauwerk zu machen, im Vordergrund des städtischen Interesses stand. Aus Unkenntnis wurden 1821 die beim Abbruch entstandenen Fensterhöhlen als gotische Spitzbogen ausgemauert, damit wurde der Baustil des Hochmittelalters verfälscht. An der Nordseite mit Blick ins Schloitzbachtal wurde ein Altan mit entsprechenden Stützpfeilern an das alte Gemäuer angesetzt. Die damals vorgenommene Bepflanzung des Burgberges mit Bäumen entsprach ebenso nicht dem Verständnis des Mittelalters für eine Burg; denn diese stand auf kahlem Felsen, damit sie unangreifbar war.